Vorwort
Diese Geschichte ist in Gänze fiktiv.
Die zwei Gestalten sitzen auf Holzkisten, die Gasse erleuchtet von einem glimmenden Lagerfeuer. In der Gegend keine Seltenheit. Alles ist voller Müll, und manchmal brennt ein Haufen eben. Müll, so werden auch die Gestalten oft genannt. Abschaum, Dreck und Ausgestoßene. “Warum musste das sein?” fragt die kleinere mit zittriger Stimme die Große. Sie meint den Kerl, der reglos ein paar Straßen weiter liegt, mit gebrochenen Knochen, ausgeschlagenen Zähnen und zerschmettertem Schädel.
“Er hat mir schon öfter Probleme gemacht,” antwortet die Große. “Aber da hätte sich doch sicher eine Lösung gefunden! Du hast ihn totgeschlagen, gar nicht mehr aufgehört!” brüllt die Kleine sie an, in ihren Augen stehen die Tränen, die dann ihre Wangen entlang rinnen und sich am spitzen, geschundenen Kinn vereinen. “Er hat dich angepackt,” rechtfertigt die Große weiter kühl. Sie schaut die Kleine nicht an, ihr Blick verborgen durch die Kapuze, die sie über den Kopf zog. Auf irgendetwas kaut sie herum. Die Kleine schüttelt den Kopf und brüllt “Aber du hättest ihn nicht umbringen müssen! Warum hast du das getan?”
Die Große schnaubt und hält den Zeigefinger vor die Lippen. “Shh. Gewöhn dich dran. Probleme kannst du nur lösen oder vertagen. Das hier ist gelöst.” Unzufrieden mit der Antwort starrt die Kleine weiter zur Großen auf, ihre Atmung schnell und unregelmässig versucht sie irgendwas aus der Figur zu lesen, von der sie immer glaubte sie sei mehr als eine kaltblütige Killerin. Doch gerade als sie ihr das entgegenbrüllen will, dreht diese sich zu ihr. Auch ihr stehen Tränen in den Augen und sie brummt leis zu ihr: “Hör mal Kleine.. Ich würde dir gern sagen, dass du es verstehst, wenn du größer bist, so groß wie ich. Aber die Wahrheit wäre das nicht. Ich verstehe es auch nicht.” Sie schluckt als die erste Träne ihre Wange hinabkullert, sich in einer Narbe verirrt und ihren Kurs ändert.
“Die Wahrheit ist, es wird nie Sinn machen. Und es wird sich nie richtig anfühlen. Aber irgendwann, und das verspreche ich dir, irgendwann fragst du dich einfach nicht mehr ‘Warum’.”