Anarchist Angel's Gedankenwelt

Belletristik: Gestalten in der Gasse -2-

Vorwort

Diese Geschichte ist in Gänze fiktiv.


Sie spuckt ein wenig Blut auf den Boden. “Bah.” kommentiert sie lax. Die Kleine zuckelt verängstigt hinterher, während die Große festen Schrittes davonstapft. “So’n Scheiß!” mault die Große, als sie vor einem schmutzigen Fenster stehen bleibt und das erste mal ihr geschundenes Gesicht betrachtet.

“Warum hast du ihn nicht fertig gemacht?” fragt die Kleine aufgebracht. “Du kannst das doch! Du bist stark!” Sie fuchtelt mit den Armen und wirft ihre Fäuste in die Luft, links rechts links. Die Große holt tief Luft. Wieder rotzt sie Blut auf den Boden, ehe sie sich zur Kleinen dreht und langsam niederkniet, um ihr in die Augen zu schauen. Die Kleine reagiert ängstlich, als sie sie offenen Stellen im Gesicht ihrer großen Schwester sieht. Ihr Auge ist stark geschwollen und Blut rinnt hier und dort heraus, wo es nicht hinverschmiert wurde. “Irgendwann hat man einfach genug von Gewalt.”, lässt sie die Kleine wissen bevor sie wieder aufsteht.

Immernoch aufgebracht rutscht es aus der Kleinen heraus: “Aber wieso lässt du ihn davonkommen? Das kannst du doch nicht, er hat dir wehgetan, er hätte mie wehtun können!” “Und dann was?”, fährt die Große sie an. “Was?” fragt die Kleine und macht einen Schritt zurück, die Hände auf der eigene Brust gekreuzt. Die Große erklärt: “Ich hätte ihn abgestochen, und dann was? Wir hauen ab und..? Hoffen, dass seine Freunde oder die Vollstrecker uns nie finden? Weißt du was das provozieren würde?” Frustriert schnaubt sie durch die Nase, Blutschleim schießt heraus und auf den Boden. Die Kleine tritt nochmals zurück und schaut zur Großen auf, Tränen in den Augen stehend. “Ich hab dich beschützt!” Der Großen Augen leuchten auf, wieder spuckt sie Blut zur Seite. “Ich hab getan was ich konnte, ich bin keine verdammte Comic-Heldin!” Sie wirft die Hände in die Luft, gestikuliert mit fast jedem Wort. Die Kleine schaut zu ihr auf, schnieft einmal und schweigt. Beide schweigen.

Ein Fahrzeug hupt in der Ferne, kurz darauf ein anderes. “Lass uns gehn..” ergreift die Kleine die Initiative, doch die Große beugt sich nochmals herunter. “Kleine? Ich hab dich lieb.” Sie ringt sich sogar ein Lächeln ab, was ein bizarres Bild mit den Wunden und dem geschwollenen Gesicht bildet. Es muss schmerzhaft sein. Los brechen die Tränen der Kleinen, und sie selbst wirft sich in die Arme der Großen. “Gehen wir”, flüstert die Große ins Ohr der Kleinen.

January 3, 2022

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